Extrusion 1-2021
Die elektrische Antriebstechnik ist eine der wichtigsten industriellen Technologien. Mehr als 6000 TWh elektrischer Leistung werden in der Industrie weltweit durch elek- trische Antriebe in mechanische Leistung umgewandelt; dies ent- spricht etwa 27 Prozent der globa- len Stromproduktion [Quelle: Sie- mens]. Mit sogar 46 Prozent des Gesamtstromverbrauchs (250 TWh bzw. 900 Petajoule) ist die Indu- strie größter Stromverbraucher auch in Deutschland. 70 Prozent davon entfallen auf Elektromoto- ren und elektromotorische Syste- me (175 TWh bzw. 630 Petajoule) [Quelle: ABB]. I m Jahr 2015 trat die europäische Norm EN 50598 in Kraft. Sie legt die Ökodesignanforderungen für elektrische Antriebssy- steme in einer elektrisch angetriebenen Arbeitsmaschine im Niederspannungsbereich fest. Alle Produkte, die in nennens- wertem Umfang elektrische Energie umsetzen, müssen bezüg- lich ihres Wirkungsgrades beziehungsweise ihrer Verluste be- wertet werden. Ist diese noch relativ junge Europäische Norm nun der Weisheit letzter Schluss? Welche Rolle wird die klassi- sche Antriebstechnik zukünftig im Kontext von „IoT & Big Da- ta“, „Industrie 4.0“, „Industrie du Futur“, „Piano Nationale Im- presa 4.0“, „Industrial Value-Chain-Initiative“, „Made in China 2025“ noch spielen? Zahlreiche Innovationen werden heutzutage maßgeblich von Sensorik, Datengenerierung und -speicherung, Edge-, Cloud- technologie(n), Datenübertragung (5G-Technologie), mithilfe von Statistik und Mathematik programmierten Algorithmen und Automatisierung intelligenten Verhaltens (AI) und vielem mehr bestimmt. Ein großer Teil der Funktionalität und damit des Kundennutzens wird also auf Software- und Kommunikati- onsseite realisiert. Dieser Beitrag wird aufzeigen, wie eine intel- ligente digitale und energetische Vernetzung eines modular aufgebauten leistungsverzweigten CVT-Antriebssystems auf der „mechanischen Strangseite“ zusätzliche Funktionsinhalte und damit einen Mehrwert für Maschinenhersteller und -betrei- ber ermöglicht. Allgemeines zur CVT-Technik Der Entwurfsprozess für komplexe Maschinen unter Verwen- dung mathematischer, wissenschaftsbasierter Methoden ist ei- ne der wichtigsten Errungenschaften des späten Industriezeital- ters und wurde durch Robert Willis (1800–1875) an der Univer- sität Cambridge vorangetrieben. Er galt damals als eine neue 38 Antriebstechnik Extrusion 1/2021 Energiesparen mit vernetzter CVT-Technik (CVT = Continuously Variable Transmission) Art des „Ingenieur-Wissenschaftlers“, weil er mit der Werk- statttradition des Maschinenbaus brach, indem er Mathematik, neue Ingenieurpädagogik, die Kodifizierung der Maschinenpra- xis und wissenschaftliche Prinzipien in die Maschinenkonstruk- tion einbezog, und beeinflusste damit Generationen von Inge- nieuren. So meldete der englische Ingenieur Geoffrey Joseph Abbott 1935 das „mechanische Continuously Variable Trans- mission“ zum Patent an. Für Industrie- und insbesondere Auto- mobilanwendungen wurden bis heute weltweit über zehn Mil- lionen Einheiten verkauft. 2004 gab es für einen „Continuously Variable Transmission“- Prozess (Schlagverseilmaschine zur Herstellung von Drahtseilen [Umwickelanlage + Verseilprozess]) den ersten deutschen KFW- Energieeffizienzpreis. In der Jury saßen zwei Koryphäen der in- ternationalen Energieforschung: Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weiz- säcker und Prof. Dr. Eberhard Jochem. Die damals erzielten Energieeinsparungen durch Rückspeisung von Bremsenergie der Abwickler ins Werksnetz lagen bei rund 20 Prozent, was in den Jahren danach zu einer Zäsur führte: Rückspeisemodule – beziehungsweise der Spannungszwischenkreis – sind inzwi- schen nicht mehr wegzudenken. Bei neueren Maschinen dieses Typs, bei denen der Abwickler (Generatorbetrieb) und der Auf- wickler (Motorbetrieb) über einen Spannungszwischenkreis energetisch vernetzt/verknüpft werden, liegt die Energieeinspa- rung erfahrungsgemäß bei nun 40 Prozent. Im Jahr 2014 meldete Kabel.Consult.Ing das „Elektronische Continuously Variable Transmission“ zum Patent an. Es verbin- det Errungenschaften aus den letzten drei industriellen Revolu- tionen und eröffnet neue Möglichkeiten für die Ära der Indus- trie 4.0: Oder kurz als Formel: Industrie 1.0 + 2.0 -> Grundla- gen, Pionierleistungen, Industrie 3.0 -> Halbleitertechnologie, SPS-Programmierung, CIM und Industrie 4.0 -> Automatisie- CVT-Antriebssystem versus Einzelantriebssystem (Quelle: Unternehmerschaft Düsseldorf und Umgebung e.V )
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