Extrusion 2-2021
23 Extrusion 2/2021 PMMA (Acrylglas) hat hervorragende optische und physikalische Eigenschaften. Für einen Marktwert von rund einer Milliarde Euro werden derzeit allein in Europa jährlich etwa 300.000 Ton- nen dieses Materials produziert. Nur 10 Prozent davon werden am Ende des Produktzyklus gesammelt und recycelt. Der weit- aus größere Anteil wird exportiert, deponiert oder verbrannt. Hayato Hobo erklärt den Startschuss und den Verlauf des MMAtwo-Projekts: "Arkema hat uns zum ersten Mal im Juni 2017 kontaktiert. Wir fuhren nach Paris und erklärten das Pa- tent von JSW aus dem Jahre 1997, bei dem es um das chemi- sche Recycling von PMMA geht. Zu diesem Zeitpunkt kannten wir den Plan für das Projekt noch nicht. Im November 2017 hat- ten wir ein Treffen mit Arkema und Heathland, und sie luden uns ein, im Konsortium als Schlüsseltechnologieanbieter für die Depolymerisation mitzuarbeiten. Das dann gegründete MMA- two-Konsortium bereitete den Antrag vor und reichte ihn bei der zuständigen EU-Kommission ein, die daraufhin das Projekt genehmigte und das Budget freigab. So startete das MMAtwo- Projekt im Oktober 2018. Die Laufzeit des Projekts beträgt vier Jahre und endet somit im September 2022." Die Aufgabe besteht darin, ein innovatives Verfahren für das Re- cycling von postindustriellen und un- brauchbaren PMMA-Abfällen zu Methyl- MethAcrylat (MMA)-Rohstoff der zweiten Generation – also rMMA – zu entwickeln und eine zweite Wertschöpfungskette für diesen Kunststoff aufzubauen. Auf diesen ersten Schritt folgte ein großer zweiter: Am 1. Oktober 2018 wurde MMAtwo ge- gründet. Dreizehn Unternehmen aus sechs EU-Ländern engagieren sich aktuell in dem Projekt unter der Koordination von Arkema/Frankreich und Heathland/Nieder- lande: Quantis ist ein Partner, der die Öko- bilanz für die verschiedenen Design-Optio- nen für die MMAtwo-Wertschöpfungsket- te erstellt. PDC entwickelt das Prozessde- sign und führt die techno-ökonomischen Bewertungen durch. Certech ist der Chemie-Partner, der die Emissions- und Geruchsanalysen sowie die Standardisierung der PMMA-Abfallanalyse durchführt. Die Universität Gent ist der akademische Partner für das Verständnis der Depolymerisations- kinetik. Ecologic, Arkema, Delta Glass und Heathland beschaf- fen die Abfälle. Heathland und Comet Traitements sind für die Materialtrennung/Vorbehandlung verantwortlich. JSW-EU ist für die gesamte Extrusionstechnik verantwortlich. Der erste Versuchsaufbau stand im Juni 2020 im Technikum von JSW in Düsseldorf bereit. "Die Basis war unser gleichlaufender TEX44 α III-Doppelschneckenextruder. Diesen mussten wir zuvor für die Hochtemperatur-Depolymerisation von postindustriellen und Alt-PMMA-Abfällen umrüsten. Unser Werk in Japan hat die notwendigen Komponenten nach unseren konzeptionellen Vor- gaben konstruiert und gebaut sowie die entsprechenden Com- puterprogramme implementiert", erklärt Makoto Tojo. In einem ersten Schritt wurden zunächst relativ reine PMMA-Abfälle ver- arbeitet. In den beiden folgenden Versuchen im Jahr 2020 lag der Fokus auf verunreinigtem PMMA-Abfallmaterial. "Das sind eindeutig schwer zu regenerierende Abfälle in unterschiedlichen Japan Steel Works Europe GmbH Bonner Str. 243, 40589 Düsseldorf, Deutschland http://www.jsw.de/ Verschmutzungsgraden, Farben etc.", räumt der technische Lei- ter ein, "und diese konnten wir schließlich in den hochwertigen Sekundärrohstoff rMMA umwandeln." Der Depolymerisations- prozess erfolgt durch Aufschmelzen des Materials in der vorge- lagerten Zone des speziellen TEX44 α III-Doppelschneckenextru- ders, mit anschließendem Erhitzen der Schmelze auf Depolyme- risationstemperatur und Umwandlung in gasförmige Materie in der nachgelagerten Zone des Extruders, wobei das verflüssigte Produkt im anschließenden Kondensationstank aufgenommen wird. JSW erreichte die angestrebte rMMA-Reinheit, und das rMMA wurde an Speichim und Arkema zur weiteren Verarbei- tung und Anwendung geliefert. In einem MMAtwo-Newsletter heißt es: "Im November 2020 wur- den in Düsseldorf eine ganze Woche lang Depolymerisationsver- suche im kleinen Maßstab (entsprechend einer Kapazität von et- wa 1.000 Tonnen/Jahr) durchgeführt, bei denen verschiedene PMMA-Abfälle als Ausgangsmaterial für die Produktion von hoch- wertigem rMMA verwendet wurden. Unter den Abfällen, die alle mit der MMAtwo-Technologie verarbeitet wurden, befanden sich PMMA-WEEE- und PMMA-Verbundabfälle, die hervorragende Ausbeuten an regeneriertem Roh-MMA lieferten." In diesem Frühjahr soll die vierte Versuchsreihe in Angriff ge- nommen werden "Wir kommen der industriellen, wirtschaftlich hochinteressanten Umsetzung unseres PMMA-Depolymerisati- onsprojekts immer näher. Der Personalbedarf ist im Vergleich zum konkurrierenden konventionellen Verfahren deutlich gerin- ger. Der ökologische Vorteil, die Nachhaltigkeit und die Bedien- ersicherheit stehen außer Frage", resümiert Makoto Tojo. Für 2021 stehen noch zwei bis drei weitere experimentelle Test- reihen auf dem Plan. Der Beitrag von JSW Europe – die Entwick- lung einer technischen Lösung für die Monomerisierung von verschiedenen PMMA-Abfällen – steht bald vor seinem Ab- schluss. Kurz nach dem Ende des Projekts soll die erste kommer- zielle Anlage in Betrieb genommen werden. Erfolgreicher Test im November im JSW Technical Center in Düsseldorf
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