Extrusion 3-2020

metallischen Dichtlippe erreicht. Abgedichtet wird über eine am Ende spitz ausgeführte Dichtlippe, die integraler Bestand- teil der Düse ist, und die im zentrischen Fall kreisförmig an der Innenoberfläche des Fließkanals des Kopfs anliegt und abdich- tet ( Bild 3 ). Wird die Düse leicht gekippt, dann deformiert sich die Dichtlippe minimal. Aus der kreisförmigen Berührungslinie zwischen der Düse und der Fließkanaloberfläche wird dann streng genommen eine ovale Linie. Solange der Kippwinkel nicht zu groß wird, deformiert sich die Dichtlippe dabei rein li- near elastisch und die so wichtige Dichtfunktion bleibt erhal- ten. Im Gegensatz zur konventionellen Schiebelösung werden die beiden formulierten zentralen Anforderungen, die an eine Jus- tierlösung gestellt werden, von der Kippdüse erfüllt. Eine Kipp- düse lässt sich erst einmal sehr feinfühlig und zielgerichtet jus- tieren. Zwischen der Dichtlippe der Kippdichtung und der In- nenoberfläche des Fließkanals des Kopfs existiert eine enge Passung. Das stellt konstruktionsbedingt sicher, dass Kippdüsen ausschließlich zentrisch montiert werden können. Das Vorzen- trieren, das bei der etablierten konventionellen Schiebelösung notwendig ist, entfällt somit. Die Düse hat folglich zu Beginn der Justierung immer eine exakt gleiche zentrische Ausgangs- position. Da die Kräfte zum Kippen der Düse gering sind, kön- nen Stellschrauben mit einem kleinen Durchmesser und damit auch mit einer geringen Gewindesteigung verwendet werden. Bei Schläuchen oder Rohren, die eine geringe Wanddicke besit- zen, reicht das in aller Regel nicht aus. Deshalb werden in die- sen Fällen extra angefertigte Feinstgewindeschrauben mit einer Gewindesteigung von nur 0,2 mm als Stellschrauben verwen- det, um eine extrem präzise Justierung zu ermöglichen, die in solchen Fällen notwendig ist. Über den Drehwinkel der Schraube und über die Gewindestei- gung weiß der Maschinenführer immer exakt, um wie viel er die Düse gekippt hat. Er kann dann auch die Änderung der Wanddickenverteilung im Schlauch oder im Rohr der jeweiligen vorgenommenen Änderung des Kippwinkels zuordnen. Wenn sich nach einer Verstellung die Wanddickenverteilung gegen- über der vorherigen Situation verschlechtert hat, dann kann der Maschinenbediener exakt zu der besseren Ausgangsposition zurückstellen, indem er die Stellschraube wieder um den Stell- winkel seiner letzten Verstellung zurückdreht. Bei der etablier- ten Schiebelösung wird in aller Regel eine Wanddickenvertei- lung, die noch nicht völlig überzeugt, akzeptiert, da man be- fürchtet, dass durch einen weiteren Stellversuch die Wanddi- ckenverteilung nicht verbessert, sondern im Gegenteil sogar verschlechtert wird. Ist das der Fall, kann es sehr lange dauern, bis eine ähnlich „gute“ Wanddickenverteilung, wie sie vor der Verstellung existiert hat, wieder erreicht wird. Das liegt daran, dass nicht so feinfühlig justiert werden kann, wie das erforder- lich wäre, und dass nie genau klar ist, um wie viel sich die Düse bei einem Justiervorgang tatsächlich verschoben hat. Ist einmal eine optimale relative Position zwischen der Düse und dem Kern gefunden, kann die Stellung jeder einzelnen Stellschraube protokolliert werden. Auf diese Weise kann dann beim nächsten Anfahren der Anlage die Position der Düse wie- der exakt reproduziert werden. Es muss der Einfahrvorgang folglich nicht nach jedem Reinigen des Kopfs oder nach jedem Dimensionswechsel wieder bei Null begonnen werden. Prinzi- piell wird es mit der Kipplösung auch möglich, einen Regelkreis aufzubauen, bei dem symmetrische Dickenunterschiede über dem Umfang eines Schlauchs oder auch eines Rohrs minimiert werden, indem die Kippdüse motorisch verstellt wird und über einen Regler mit der Dickenmessung gekoppelt wird. Darüber könnte eine gleichbleibende Qualität des Schlauchs oder des Rohrs sichergestellt und die Produktion von Ausschuss weiter reduziert werden. Bei Schlauchköpfen, die im Bereich des Ex- trusionsblasformens verwendet werden, ist das bereits reali- siert. Unter dem Link (http://www.gross-k.de/Kippduese.mp4 ) kann ein kurzes Video aufgerufen werden, in dem ein Schlauchkopf mit einem motorisch betätigten Kippgelenk ge- zeigt wird. In der industriellen Praxis im Bereich der Schlauch- und Rohrextrusion ist man momentan jedoch noch sehr weit entfernt, nur darüber nachzudenken, motorisch betriebene Kippdüsen einzusetzen, obwohl damit eine noch präzisere Jus- Bild 5: Schnittzeichnung des neuartigen im SLM-Verfahren hergestellten Schlauchkopfs Bild 6: Schnitt durch einen Rohrkopf zur Extrusion dünnwan- diger Röhrchen zur Herstellung von Wärmetauschern 56 Extrusionswerkzeuge Extrusion 3/2020

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