Extrusion 4-2019
Variotherme Temperierung von Extrusionsblasformwerkzeugen zur Verbesserung der Produktqualität Das Extrusionsblasformen ermöglicht die wirtschaftliche Herstellung von Kunststoff- hohlkörpern mit komplexer Geometrie und unterschiedlichsten Volumina. Der Großteil der Bauteile findet ihren Einsatz als Ver- packungsartikel für die Konsumgüter- und Lebensmittelindustrie oder als technische Bauteile zum Beispiel in der Automobil- und Chemieindustrie [GH00]. D ie Weiterentwicklung des Extrusionsblasformprozesses ist nicht nur von steigenden Anforderungen an die Wirt- schaftlichkeit des Verfahrens, sondern auch an die Qualität der Formteile geprägt [Brü08, GH00]. Dabei genügt das Verfahren zur Herstellung von Kunststoffhohlkörpern bereits sehr gut den hohen Ansprüchen hinsichtlich eines niedrigen Werkstoffver- brauchs und geringer Ausschussquoten [THG06]. Dennoch existieren noch kritische Bereiche bei extrusionsblasgeformten Produkten. Hierzu gehören vor allem die Quetschnaht, die Ein- bettung von Inserts und die Oberflächengüte. Für all diese Be- reiche ist die Materialtemperatur bei der Umformung im Blas- formwerkzeug qualitätsentscheidend. Ist der Vorformling beim Verschweißen der Quetschnaht bereits stark abgekühlt, dann ist er nicht mehr gut verschweiß- und verstreckbar. Eine gene- relle Erhöhung der Umformtemperatur verlängert allerdings die Zykluszeit und bedarf zusätzlicher Energie für das weitere Auf- wärmen und Abkühlen. Eine in anderen Kunststoffverarbei- tungsprozessen etabliert Lösung, um diesen Zielkonflikt hin- sichtlich der Temperierung zu lösen, ist die variotherme Tempe- rierung. Dieses Verfahren ermöglicht die gezielte lokale und zeitlich begrenzte Energieeinbringung in das Blasformwerk- zeug. Der Einsatz einer variothermen Temperierung in der 32 Extrusionsblasformen – Aus der Forschung Extrusion 4/2019 Bild 1: Variotherm temperierte Schneidkante mit integrierter Heizpatrone und Kühlkanal Bild 2: Schematischer Ablauf der variothermen temperierten Schneidkante Kunststoffverarbeitung wurde bereits anhand zahlreicher wis- senschaftlicher Untersuchungen erprobt und die Einflüsse auf die Bauteilqualität und die Prozessstabilität ermittelt. Dabei wurde gezeigt, dass eine variotherme Prozessführung reprodu- zierbar möglich ist und eine gleichbleibende Bauteilqualität lie- fert [CH06, HFH+15, Hop15, LCY11, RHSJ09, Sch15]. Ziel von Untersuchungen am IKV ist es vor diesem Hintergrund, durch die gezielte Einbringung von Energie in kritischen Berei- chen im Blasformprozess die Qualität der Bauteile zu verbes- sern ohne dabei die Zykluszeit signifikant zu Verlängern. Im Fol- genden werden Untersuchungen zum Einfluss einer variother- men Temperierung auf die Quetschnahtqualität vorgestellt. Charakterisierung der Quetschnaht Die Quetschnaht eines blasgeformten Teils stellt eine schwach- stellt im Bauteil dar [THG06]. Daher ist es nötig, die Qualität der Quetschnaht bestimmen zu können. Zur Charakterisierung der Quetschnahtgüte werden grundsätzlich verschiedene Metho- den angewandt. Einerseits wird die Geometrie der Quetschnaht anhand von Mikrotomschnitten untersucht und das sogenann- te Kerbverhältnis ermittelt [PP71, MS99]. Die Kerbzahl ist defi- niert als das Verhältnis der Dicke der Wulst und der Dicke der Fügezone. Dabei wird, da die Proben nicht immer symmetrisch sind, die Kerbzahl links und rechts der Fügezone bestimmt und der Mittelwert gebildet. Dabei werden Dünnschnitte unter dem Mikroskop mit polarisiertem Licht durchleuchtet. Neben dem Kerbverhältnis kann daher auch die Morphologie der Quetsch- naht betrachtet und kaltes, unverschweißtes Material in der Quetschnaht erkannt werden [Mic99]. Kaltes Material in der Quetschnaht stört die morphologische Gefügebildung und ver- ringert die Festigkeit der Naht. Außerdem können zusätzliche
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