Extrusion 4-2019

Bild 8: Aufheiz- und Abkühlverhalten der Schneidkante sowie Einfluss der variothermen Temperierung auf die Zykluszeit Bild 7: Kerbverhältnis der Quetschnaht bei konstanter und variothermer Temperierung führt. Nach Entformen der Flaschen schwindet der Bereich im inneren der Flasche nach, wodurch der kalte Pfropfen in Rich- tung der Flaschen inneren gezogen wird. Durch eine Erhöhung der Schneidkantentemperatur wird das Temperaturgefälle ver- ringert, wodurch, wie zu erkennen, auch die Schwindung deut- lich reduziert wird. Besonders hervorzuheben ist die Reduzie- rung der Eigenspannungen, die durch die Polarisationsmikro- skopie dargestellt werden können. Hohe Eigenspannungen in der Quetschnaht führen zu Spannungsrissen und können somit zum vorzeitigen versagen der Bindenaht führen [Ehr04]. Eine Untersuchung der Spannungsrissbildung aufgrund der beob- achteten Eigenspannungen steht jedoch noch aus. Kerbzahl Die Auswertung der Kerbverhältnisse für PE-HD ist in Bild 7 zu sehen. Bei konstanter Temperierung zeigt sich keine Verbesse- rung des Kerbverhältnisses. Die Kerbzahlen liegen bei etwa 1,45 unabhängig von der Schneidkantentemperatur. Durch die variotherme Temperierung lässt sich die Kerbzahl jedoch ver- bessern. Bei 20 °C zeigt sich noch eine Kerbzahl von 1,43. Die- se sinkt mit steigender Temperatur signifikant ab. Bei 50 °C be- trägt die Kerbzahl 1,21 und bei 80 °C bei 1,22. Es lässt sich also festhalten, dass bei einer variothermen Tempe- rierung der Schneidkanten eine Erhöhung der Temperatur zu einer Verbesserung des Kerbverhältnisses führt. Bei einer vario- thermen Temperierung mit 80 °C bildet sich eine optimale Quetschnaht aus. Zurückzuführen ist dies ebenfalls auf ein ver- ringertes Schwindungspotential, aufgrund der erhöhten Tem- peratur während der Quetschnahtbildung. Die mechanischen Kennwerte zeigen bei variothermer Temperierung ebenfalls ei- ne leichte Verbesserung der Bruchkraft, die auf eine verbesser- te Kerbzahl zurückzuführen ist. Auswirkung auf die Zykluszeit Durch die zusätzliche Einbringung von Energie während des Blasformzyklus wird die Zykluszeit beeinflusst. Bei normaler Temperierung (T Kühlwasser = 20 °C) liegt die Zykluszeit der her- gestellten Flasche bei rund 35 s. Dabei sind Extrusions- und Kühlzeit so aufeinander abgestimmt, dass eine minimale Ne- benzeit entsteht. Dies hat zur Folge, dass das Aufheizen der Schneidkante direkt zu einer Verlängerung der Zykluszeit führt. Bild 8 zeigt das Aufheiz- und Abkühlverhalten der Schneidkan- te im Vergleich zur normalen Temperierung. Bei einer wechselnden Temperierung zwischen 30 und 80 °C ergibt sich eine Zykluszeit von 70 s. Diese Zykluszeit teilt sich in eine Heizphase von 30 s und eine Kühlphase von 40 s auf. Durch eine Verringerung der Temperazurdifferenz auf 30 °C lässt sich die Zykluszeit verringern. So ergibt sich eine Zykluszeit von 45 s mit 15 s Aufheiz- und 30 s Abkühlphase. Beide Va- rianten verlängern die Zykluszeit um 100 % bzw. 15 %. Da die Kühlphase der Schneidkante parallel zu der Kühlung der Flasche abläuft, ist dieser Schritt nicht Zykluszeit bestimmend. Eine Verringerung der Zykluszeit lässt sich nur über eine Verrin- gerung der Aufheizzeit der Schneidkante erreichen. Dazu muss mehr Leistung eingebracht werden. Dies ist entweder über eine Heizpatrone mit größerer Leistung oder ein anderes Heizsystem mit besserer Heizrate möglich. Fazit & Ausblick In ein am IKV bestehendes modulares Blasformwerkzeug konn- te erfolgreich eine variotherme Temperierung der Schneidkante integriert werden. Basierend auf den bisherigen Ergebnissen konnte gezeigt werden, dass eine variotherme Temperierung der Schneidkante bei PE-HD zu einer leichten Verbesserung der Bruchkraft sowie des Kerbverhältnisses im Bereich der Quetsch- naht führen kann. Dabei verbessert sich die Bruchkraft bei va- riothermer Temperierung mit maximal 80 °C um rund 6 % im Vergleich zu einer konventionellen Temperierung. Auch das Kerbverhältnis wird in diesem Fall um 17 % reduziert. Bei der Betrachtung der Bruchspannung zeigt sich, dass eine erhöhte Temperatur zu einer deutlichen Verbesserung der Bruchspan- nung führt. Dabei ist die variotherme Temperierung der Schneidkante leicht schlechter als eine konstante Temperie- rung, da der Kunststoff länger auf einem höheren Temperatur- niveau verbleibt, wodurch die Interdiffusion verbessert wird. Besonders auffällig ist die Reduzierung der Eigenspannungen sowie eine Verringerung der Schwindung. Durch eine variother- me Temperierung lassen sich die Eigenspannungen in der Quetschnaht signifikant reduzieren, sodass die Spannungsriss- 35 Extrusion 4/2019

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