Extrusion 5-2023

rohre. Allerdings ist beim Biegen ein minimaler Biegeradius ein- zuhalten, der vom Wärmerohrdurchmesser abhängig ist. An- dernfalls besteht die Gefahr einer Beschädigung der Kapillarstruktur. Im Falle der verwendeten Wärmerohren darf der Biegeradius 24 mm nicht unterschreiten [NN23]. Die aktive Kühlung der Wärmerohrenden erfolgt über eine Was- serkühlung. Zur Vorgabe definierter Wassertemperaturen wird ein Wassertemperierer der Firma Single Temperiertechnik, Wer- nau eingesetzt. Der Gesamtvolumenstrom von 12 l/min wird auf die insgesamt sechs Wärmerohre aufgeteilt. Wie in Bild 3 er- sichtlich, sind unterschiedliche Kühlleistungen für jedes Wärme- rohr notwendig, um eine thermische Homogenisierung der Schmelze zu erzielen. Daher wird der Kühlwasserstrom für jedes Kondensatorende über Stellventile adaptierbar gestaltet. Die Tendenz der notwendigen Wärmeübertragungsleistungen wird in den ersten Untersuchungen so berücksichtigt, dass die höch- ste Wärmeübertragungsleistung an Wärmerohr A vorliegt und die niedrigste an Wärmerohr C. Dementsprechend wurden die Durchflussmengen mit 3 l/min für Wärmerohr A, 2 l/min für Wärmerohr B und 1 l/min für Wärmerohr C eingestellt. Bei einem Betriebspunkt mit einem Durchsatz von 40 kg/h, einer Eintrittsschmelzetemperatur von 180 °C und einer eingestellten Heizbandtemperatur von 200 °C ergeben sich die in Bild 4 vi- sualisierten Durchsatzabweichungen und Temperaturabwei- chungen in Simulation und Praxis. Durch den thermischen Werkzeugzustand und die Schererwär- mung der Schmelze sind laut Simulation Durchsatzspitzen an den Austritten 2 und 3 zu erwarten, was mit bisherigen Unter- suchungen übereinstimmt [Yes17, Pet22]. In den vorliegenden praktischen Untersuchungen fallen die Abweichungen jedoch deutlich höher aus, außerdem liegen die Durchsatzmaxima an den Austritten 3 und 4 vor. Ursächlich ist die die ebenfalls ab- weichende Schmelzetemperatur, die in Bild 4 rechts dargestellt ist. In den Simulationen wurde eine homogene Temperatur am Werkzeugaußenumfang von 200 °C angenommen. In der Rea- lität zeigen Messungen mit einem Kontaktthermometer, dass die am Heizband anliegenden Temperaturen nicht homogen bei 200 °C liegen (Vgl. Bild 4 rechts). Diese Temperaturunterschiede führen in der Praxis zu einem anderen thermischen Zustand als in der Simulation. Der Einfluss der lokalen Wärmerohrkühlung, die nach der simu- lativen Auslegung vorrangig Austritt 3 beeinflussen soll, ist in Bild 5 und 6 für Realversuche mit Kühlwassertemperaturen von 20 °C, 40 °C und 60 °C dargestellt. Deutlich wird, dass die Durchsatzabweichung an Austritt 3 durch die Wärmerohrküh- lung um bis zu 2 Prozent abnimmt. Das ist laut den Simulati- onsergebnissen ausreichend für eine Homogenisierung (Abwei- chungen < 1 Prozent), jedoch ist die Homogenisierungswirkung bei den in der Praxis auftretenden Abweichungen von über 20 Prozent gering. Grundsätzlich ist aber eine Reduzierung der Durchsatz- und Temperaturabweichung möglich. Auffällig ist, dass eine hohe Kühlwassertemperatur mit einem größeren lo- kalen Homogenisierungseffekt einhergeht. Zu erwarten ist da- gegen ein steigender Einfluss mit abnehmender Kühlwassertemperatur, da so die Temperaturdifferenz zwischen den Wärmerohrenden und damit die Wärmeübertragungslei- stung vergrößert wird. Möglicherweise ist die Temperaturdiffe- renz zwischen den beiden Wärmerohrenden bei einer Kühlwassertemperatur von 20 °C so groß, dass die Kapillarkraft das Fluid nicht in einer ausreichenden Geschwindigkeit zurück zum Verdampferende befördert. Infolgedessen trocknet das Ver- dampferende aus und der Kühlkreislauf der Wärmerohre wird unterbrochen. Gleichzeitig handelt es sich beim Vorverteilerwerkzeug um ein wechselwirkendes System, sodass ein Absinken des Durchsatzes an Austritt 3 eine Umverteilung der Schmelze zu den anderen Austritten bewirkt. Das erklärt den Anstieg der Durchsatzab- weichung an den Austritten 1, 2 und 4. Durch den höheren Durchsatz an diesen Austritten steigt zudem die Scherrate und damit die Schererwärmung, wodurch gleichzeitig ein Tempera- turanstieg an diesen Austritten sichtbar wird. Fazit und weiteres Vorgehen Prinzipiell ist eine lokale Beeinflussung der Werkzeug- und Schmelzetemperatur mittels Wärmerohren möglich. Über eine Wasserkühlung sind die abgeführten Wärmemengen gezielt an den Kühlbedarf adaptierbar. Da die Wärmerohre zur Kühlung aus dem Werkzeug herausgeführt werden und autark arbeiten, ist das vorliegende System wartungsarm und weist keine Her- ausforderungen hinsichtlich der Werkzeugdichtigkeit auf, die bei einer gängigen Flüssigtemperierung im Werkzeug auftreten. Darüber hinaus besteht im Vergleich zur thermischen Homoge- nisierung mittels Heizpatronen keine Überhitzungsgefahr der Schmelze. Allerdings konnte mit dem verwendeten Heizband keine homo- gene Werkzeugaußentemperatur realisiert werden, wodurch die tatsächlich vorliegenden Durchsatz- und Temperaturabwei- chungen von den simulativ ermittelten Ergebnissen abweichen. Die simulativ ermittelten Wärmerohrpositionen sind daher nur bedingt zu Homogenisierung der Schmelzetemperatur im reali- 27 Extrusion 5/2023 Bild 4: Vergleich von Durchsatz- und Temperatur- abweichung ohne thermische Homogenisie- rungsmaßnahmen Simulation 25 15 5 -5 -15 -25 25 15 5 -5 -15 -25 250 225 200 175 150 125 100 75 50 25 0 Durchsatzabweichung [%] Temperaturabweichung [%] Heizbandtemperatur [°C] Praxis Austritt [-] Austritt 1 Austritt 3 Austritt 2 Austritt 4 Simulation Praxis Lokale Heizbandtemperatur 1 2 3 4

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