Extrusion 5-2024

26 Extrusionsblasformen – Aus der Forschung Extrusion 5/2024 Schwell- und Auslängverhalten im Extrusionsblasformen durch Simulationen vorhersagen Das Extrusionsblasformen ermöglicht die Herstellung von Kunststoffhohlkörpern mit komplexer Geometrie und unterschiedlichsten Volumina. Hauptziel hierbei ist es, den Materialeinsatz zu minimie- ren und ein Formteil mit möglichst geringer und homogener Wanddicken- verteilung zu realisieren. Durch die Vorformlingsdefor- mationen während der Extru- sion, die durch Schwell- und Auslängeffekte hervorgerufen werden, stellt die Vorhersage der Wanddickenverteilung des Vorformlings und somit auch die des Bauteils eine große Herausforderung dar [THG19]. Numerische Strömungssimulationen können hierbei unterstützend wirken. Am Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) an der RWTH Aachen wird daher ein Simulationsverfahren entwickelt, welches die Vorformlingsgeometrie unter Berücksichtigung von Schwell- und Auslängeffekten für unterschiedliche Betriebspunkte vorhersagen kann. Das Modell bietet langfristig das Potenzial, den Einfluss von Materialschwan- kungen auf die Vorformlingsgeometrie vorherzusagen. Bild 1: Schematischer Aufbau des Inline-Rheometers mit R 1 = 11 mm und R 2 = 3 mm P 1 R 1 R 2 ∝ ∅ 6 mm P 2 P 3 B ei der Vorformlingsextrusion unterliegt der Schmelzeschlauch unterschiedlichen Deformationseffekten. Aufgrund der elas- tischen Rückstellung der extrudierten Kunststoffschmelze kommt es zu einem Schwellen, während gleichzeitig Schwin- dung durch Volumenkontraktion auftritt. Darüber hinaus treten Auslängeffekte aufgrund der Gewichtskraft auf, die auf den Vor- formling wirkt. Das Zusammenspiel dieser Effekte hängt nicht nur vom extrudierten Material, sondern auch von der Düsen- geometrie, dem Durchsatz und der Verarbeitungstemperatur ab. Eine weitere Herausforderung stellen Chargenschwankungen im Material dar, wie sie insbesondere vermehrt beim Einsatz von Post Consumer Rezyklat auftreten. Diese beeinflussen das vis- koelastische Materialverhalten und damit die Vorformlingsgeo- metrie, wodurch eine Anpassung der Prozessparameter im Betrieb nötig ist, um Produktionsausschuss entgegenzuwirken. Dies erfordert eine Inline-Charakterisierung des Materials, wel- che am IKV durch ein Inline-Rheometer realisiert wird. Zur angestrebten simulationsgestützten Vorhersage der Vor- formlingsgeometrie unter Berücksichtigung des Schwellverhal- tens muss zunächst ein geeignetes Materialmodell kalibriert wer- den, sodass eine realitätsnahe Berechnung des Schwellverhal- tens erfolgt. Eine weitere Herausforderung besteht in der numerischen Stabilität der Simulationen, die das Schwellverhal- ten bei Durchsätzen von über 15 kg/h vorhersagen [Hop12]. Bestimmung viskoelastischer Materialmodelle Die numerischen Strömungssimulationen wurden in der Open- Source Software OpenFOAM (OpenFOAM Foundation, London, UK) durchgeführt. Für die viskoelastischen Simulationen wurde das Erweiterungspaket rheoTool verwendet, mit dem bereits in der Vergangenheit elastische Einlaufdruckverluste sowie das Schwellen von Extrudaten nicht-isotherm vorhergesagt werden konnte [CPH+18]. Das viskoelastische Materialverhalten der Schmelze kann durch unterschiedliche Modelle abgebildet wer- den. Das Phan-Thien-Tanner (PTT)-Modell ( Gl. 1 ) ist besonders für seine numerische Stabilität bekannt und hat sich in der Ver- gangenheit bereits als gutes Modell für diesen Anwendungsfall erwiesen [Hop12]. Darin beschreibt der Parameter ε die Ver- 16 mm 120 mm

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