Extrusion 5-2024
40 Messtechnik – Interview Extrusion 5/2024 Herr Dr. Schlipf, welche Rolle spielen Fluorpolymere bei den neuen Megatrends, wie E-Mobilität, 5G-Datenüber- tragung, Grüner Wasserstoff oder die Erfüllung der Ziele des "Green Deal“ der EU? Dr. Michael Schlipf : Fluorpolymere sind auf Grund ihres spe- ziellen Eigenschaftsprofils die Basis für alle der genannten Me- gatrends: In Elektro-Autos werden sie vor allem in den Batterien, aber auch in der Elektronik als Funktions- sowie Sicherheits- komponenten verwendet. Die 5G-Datenübertragung erfolgt über Antennen die aus CCL, “Copper-cladded-laminates” auf- gebaut sind, ein Composit aus Kupferfolie, PTFE- oder FEP-Folie, sowie PTFE-beschichtetem Glasgewebe. Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser unter Verwendung von Strom aus Wind- oder Sonnenenergie erzeugt. Die Membranen in den Elektrolysezellen bestehen aus Fluor-Ionomeren. Der Ersatz fos- siler Energieträger durch grünen Wasserstoff trägt maßgeblich zum Erreichen der Ziele des “Green Deal” bei. Was bedeutet die geplante Beschränkung von PFAS (Fluorpolymere) in Deutschland/Europa für die Hersteller und Verarbeiter? Dr. Schlipf : Hersteller von Fluorpolymeren in Europa reduzieren ihr Produktportfolio bzw. stellen die Produktion von Fluorpoly- meren komplett ein. Die Hälfte der in Europa benötigten Fluor- polymere müssen dann zusätzlich importiert werden, wodurch die Abhängigkeit der in Europa positionierten Hochtechnologie von Importen aus dem Ausland drastisch zunimmt. Europa hat vergleichsweise hohe Sicherheits- und Umweltstandards für Pro- duktionsanlagen. Die importierten Hochleistungswerkstoffe er- reichen nicht in allen Belangen das hier gewohnte Qualitäts- und Reinheitsniveau. Durch die lokale Rohstoffverknappung wird ein Preisanstieg erwartet, der einen weiteren Wettbewerbsnachteil der europäischen Industrie nach sich ziehen wird. Welchen Stellenwert hat Inspektions- und Sortiertechno- logie aktuell bei der Herstellung und Verarbeitung von Fluorpolymeren? Dr. Schlipf : Fluorpolymere werden vor allem in anspruchsvollen Anwendungen wie zum Beispiel der Medizintechnik, der Halblei- terindustrie und der Hochfrequenztechnik sowie der Lebensmit- tel- und Getränkeindustrie eingesetzt. Für diese Anwendungen gelten die höchsten Ansprüche bezüglich Reinheit und Qualität. Fertigungsprozesse können sehr aufwändig sein; umso höher ist der Schaden im Falle kontaminierter Endprodukte. Deshalb spielt die Inspektions- und Sortiertechnologie vor der Verarbeitung des Granulats eine bedeutende Rolle. Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Branche auch in Bezug auf die Reinheitsprüfung von Material? Dr. Schlipf : Wir befinden uns derzeit in einer Phase überpropor- tionalen Mengenwachstums an Fluorpolymeren. Ursache hierfür ist die Tatsache, dass die meisten innovativen Megatrends auf der Verwendung von Fluorpolymeren basieren. Da diese neuen An- wendungen hohe Anforderungen hinsichtlich Reinheit und Qua- lität an die Fluorpolymere stellen, ist schon jetzt abzusehen, dass sich qualitätssteigernde Fertigungsschritte wie die Reinheitsprü- fung ebenso überproportional weiterentwickeln werden. Herr Dr. Schlipf, wir danken Ihnen für das Gespräch. „Megatrends ohne Fluorpolymere sind nicht denkbar“ Im Gespräch – Dr. Michael Schlipf zur Rolle der Fluorpolymere und Reinheits- prüfung von Material ➠ SIKORA AG Bruchweide 2, 28307 Bremen, Deutschland www.sikora.net Dr. Michael Schlipf, Vorstandsmitglied und Vorsitzender der Fachgruppe Fluorpolymergroup des pro-K Industrieverband Halbzeuge und Konsumprodukte aus Kunststoff e.V., zu Besuch bei SIKORA
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