Extrusion 6-2022

Bild 4: Weiterverarbeitung der Coextrudate zu Granulat Coextrudats darstellt. Der Einfluss von Druck, Verweilzeit und Temperatur an der Fügestelle auf die Qualität der Verbindung konnte nicht quantifiziert werden. Zur Quantifizierung der Steifigkeit wurden Biegeversuche in An- lehnung an EN ISO 9073-7 vorgenommen. Für den Fall, dass die Thermoplastseite auf Zug beansprucht wird, ergeben sich im Schnitt 3.600 N/mm². Ist der Kautschuk auf Zug belastet, fallen die Werte mit 4.200 N/mm größer aus. Die Parameter Schne- ckendrehzahl respektive Verweilzeit in der Fügezone des Werk- zeugs sowie die Werkzeugtemperatur zeigten keinen Einfluss auf die Biegesteifigkeit der unvernetzten Extrudate. Es wurden zudem Profile extrudiert, die lediglich aus EPDM bestehen und denselben Querschnitt wie die Coextrudate besitzen (20 x 6 mm²). Die Biegesteifigkeit des reinen Kautschukprofils lag bei 2.200 N/mm². Durch das coextrudierte PE lässt sich die Steifig- keit des Profils bei gleicher Geometrie also deutlich steigern. Zudem werden die Materialkosten durch das günstigere PE im Vergleich zum Kautschuk reduziert. Eine Gefügeanalyse mit dem Durchlichtmikroskop DM4500M der Firma Leica, Wetzlar, zeigte keine Fehlerbilder wie zum Bei- spiel Gaseinschlüsse oder andere Auffälligkeiten. Auch eine De- formation der Schichtgrenze war nicht zu erkennen. Recyclierbarkeit der Hybridprofile Ein Vorteil von Coextrudaten, die mit einem Thermoplast statt mit einem Metalleinleger verstärkt werden, ist die Möglichkeit, Ausschuss bei der Verarbeitung als Bestandteil eines thermo- plastischen Vulkanisats (TPV) wiederzuverwenden. Um diese Op- tion zu überprüfen, wurden eine Reihe von Coextrudaten granuliert ( Bild 4 ). Dazu wurden die Stränge im ersten Schritt mit dem Stranggra- nulator Typ SP 50 pure der Coperion GmbH, Stuttgart, in 2 mm breite Stücke geschnitten. Mit einem Doppelschneckenextruder des Typs ZSK26Mc18 der Coperion GmbH, Stuttgart, wurde die- ses Granulat zu einem stofflich homogenen Rundstrang mit 6 mm Durchmesser ausgeformt. Der spezifische mechanische Energieeintrag (SME) betrug dabei circa 512 kJ/kg. Anschließend erfolgte die Kühlung durch Wasser und ein erneutes Granulieren mit dem Stranggranulator. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass sich die Coextrudate zu Granulat verarbeiten lassen, das dann zum Beispiel als Teil eines TPV-Compounds thermoplastisch ver- arbeitet werden kann. Fazit und Ausblick Im Forschungsvorhaben wurden Coextrudate aus EPDM und PE- LD mit einem Rechtecksquerschnitt ohne Haftvermittler herge- stellt. Diese Materialpaarung wurde im Rahmen von Vorversuchen an gepressten Platten aufgrund der hohen Ver- bundfestigkeit und der Nähe der thermischen Verarbeitungs- fenster gewählt. Für diese Materialkombination wurde ein neues Coextrusions- werkzeug rheologisch ausgelegt und mittels Strömungssimula- tionen thermisch untersucht. Zur Abschätzung auftretender Umlagerungseffekte der verschieden viskosen Komponenten wurde ein neuer Solver für die Simulationssoftware OpenFOAM entwickelt, der sowohl das strukturviskose Materialverhalten be- rücksichtigt als auch eine nicht-isotherme Berechnung von Mehrphasenströmungen ermöglicht. Basierend auf den Simula- tionsergebnissen wurde ein Profilwerkzeug mit rechteckigem Austrittsquerschnitt auskonstruiert und gefertigt. Mit dem neuen Werkzeug wurden Coextrudate unter Variation der Parameter Schneckendrehzahl, Werkzeugtemperatur, Extru- dertemperatur hergestellt. Die Vulkanisation mit UHF- und IR- Strahlung unter Abschirmung des Thermoplasts erwies sich als geeignet, um den Kautschuk effizient zu vernetzen, ohne dass der Thermoplast dabei erweicht. Um den Einfluss der Parameter Druck, Temperatur und Verweil- dauer in der Fügezone des Coextrusionswerkzeug auf die Ver- bundfestigkeit zu untersuchen, wurden Schälversuche durch- geführt. Allerdings war die Haftung zwischen den beiden Kom- ponenten so hoch, dass die normgerechte Messung nicht mög- lich war. Biegeversuche bestätigten die Möglichkeit, mit der PE-Komponente die Steifigkeit des Profils im Vergleich zum rei- nen Gummi-Profil signifikant zu erhöhen. Im Gegensatz zur Ver- stärkung von Profilen mit Metallinlinern hat diese Variante den großen Vorteil, recylierbar zu sein. Zudem lassen sich mit einer Thermoplastkomponente eine gute Medienbeständigkeit, Schweißbarkeit, Funktionselemente wie Clips sowie geringere Materialkosten realisieren. Erste Untersuchungen zeigten, dass sich die hergestellten EPDM/PE LD-Hybridprofile zu TPV-Granu- lat verarbeiten lassen und somit werkstofflich recycelt werden können. Aufbauend auf den Ergebnissen des Forschungsvorhabens sind konkrete Anwendungsfälle zu bewerten. Es ist beispielsweise zu untersuchen, inwieweit sich Funktionselemente aus einer Ther- 39 Extrusion 6/2022 1. Coextrudat 2. Streifen 3. Rundstrang 4. Granulat 30 mm 30 mm 20 mm 15 mm

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIwMTI=