Extrusion 7-2021

Bindenähte mindern die Produktqualität Dornhalterwerkzeuge zeichnen sich durch ihre gute Schmelze- verteilung und geringe Schererwärmung aus und sind nahezu betriebspunktunabhängig einsetzbar. Durch die Dornhalterste- ge wird der Fließquerschnitt im Werkzeug jedoch lokal verrin- gert. Folglich findet eine Beschleunigung der Schmelze im Steg- bereich statt. Gleichzeitig haftet die Schmelze an den Stegwän- den (Stokesche Wandhaftung) [HM16]. Die Kombination aus Wandhaftung und Schmelzebeschleunigung hat eine Ausrich- tung der Makromolekülketten in Extrusionsrichtung zur Folge. Nach dem Umströmen der Stege werden die Teilströme erneut zusammengeführt, sodass hinter jedem Steg eine radial verlau- fende Bindenaht entsteht, die eine optische und mechanische Schwachstelle im Produkt darstellt. Untersuchungen haben ge- zeigt, dass die Bindenahtfestigkeit hauptsächlich durch die Mo- lekülkettenbeweglichkeit beeinflusst wird [HM99]. Um einer bindenahtinduzierten Beeinträchtigung der Produktqualität entgegenzuwirken, existieren daher verschiedene Lösungsan- sätze. Beispielsweise können die Massetemperatur bzw. die Verweilzeit erhöht werden [HM16]. Dieser Ansatz ist allerdings aufgrund der hohen thermischen Materialbelastung nicht für Neue Werkzeugtechnik in der Rohrextrusion – Reduzierung der Bindenahteffekte mit neuartigen Dornhalterstegen Dornhalterwerkzeuge kommen für unterschiedlichste Extrusions- anwendungen zum Einsatz, unter anderem bei der Rohr-, Schlauch- oder Vorformlingsher- stellung beim Blasformen. Nach- teilig sind allerdings die im Werk- zeug durch sogenannte Dornhal- terstege entstehenden Bindenäh- te im Extrudat, die die mechani- schen und optischen Extrudatei- genschaften mindern können. Zur Reduzierung der Qualitäts- minderung erfolgte daher eine ausführliche Untersuchung ver- schiedener Dornhaltersteggeo- metrien hinsichtlich deren Aus- wirkung auf die mechanischen und optischen Bin- denahteigenschaften. Die Stege wurden in ihrem Design an statische Mischelemente mit dem Ziel an- gelehnt, Strömungsumlagerungen und damit eine strukturmechanisch günstigere Bindenahtausprä- gung zu erzeugen. In der Extrusion etabliert sind X-Mischer, Kenics-Mischer und LPD-Mischer. Bei 38 Werkzeugauslegung – Aus der Forschung Extrusion 7/2021 Bild 1: Theoretische Überlegung zur Beeinflussung des Bindenahtverlaufs mit neuartigen Stegen (links konventionelles, rechts neuartiges Dornhalterstegdesign) (Bild: IKV) temperaturempfindliche Materialien geeignet. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Bindenaht über den Umfang zu verlagern, was beispielsweise mit Verwischgewinden auf Dorn und Gehäuse oder tangentialen bzw. versetzten Stegen reali- siert werden kann [HM16]. Dieser Ansatz der Bindenahtumla- gerung wurde nun weiterentwickelt, indem neuartige Stege angelehnt an statische Mischer konzipiert wurden. Entwicklung und simulative Untersuchung neuartiger Stegdesigns Statische Mischelemente kommen in der Kunststoffverarbei- tung zur thermischen und stofflichen Homogenisierung von Kunststoffschmelzen zum Einsatz. Ein statischer Mischer be- steht in der Regel aus einem Rohr, in dem gleichartige Misch- elemente hintereinander angeordnet sind. Sie sind entweder einzeln oder in Gruppen zusammengefasst und um 90° zuein- ander versetzt [PM79]. Diese Mischelemente bewirken eine mehrfache Aufteilung und Zusammenführung der Schmelze, wodurch ein distributives Mischen erreicht wird. Gleichzeitig wird die Schmelze hohen Dehn- und Scherkräften ausgesetzt, sodass auch dispersives Mischen der Schmelze stattfindet. Ge- einer anschließenden praktischen Stegerprobung wurden Rohrproben hergestellt und das Betriebs- verhalten sowie die tatsächliche Bindenahtausprä- gung untersucht. In mikroskopischen und mechani- schen Prüfungen konnte die gewünschte Binde- nahtumlagerung sowie eine höhere Innendruckbe- lastbarkeit der Rohrproben nachgewiesen werden. Fließrichtung Fließrichtung

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