Extrusion 7-2022
schaft vor großen Veränderungen. Bereits jetzt werden in dis- kontinuierlichen „Rolle-zu-Rolle“-Beschichtungsverfahren Folien erfolgreich mit einer Barriereschicht versehen. Zur Verbesserung der Prozesswirtschaftlichkeit fehlt es jedoch derzeit noch an einer kontinuierlichen Verfahrensvariante ohne die in bisherigen Batch-Verfahren unvermeidlichen Totzeiten. Mit einer innovati- ven Anlagenentwicklung zur kontinuierlichen PECVD-Folienbe- schichtung soll dieser Nachteil umgangen werden. Die Folie wird dabei unter Umgebungsdruck abgewickelt und durch ein Schleusensystem in eine Vakuumkammer geführt, in der durch ein sogenanntes „In-Plasma-Konzept“ effizient eine SiOx-Be- schichtung aufgebracht wird. Anschließend wird die Folie wie- der durch ein Schleusensystem auf Umgebungsdruck geführt und aufgewickelt. Durch handelsübliche Anbindungsprozedu- ren kann der Prozess unterbrechungsfrei geführt werden. Zur Ausarbeitung des komplexen Schleusen- und Vakuumsystems wird derzeit die benötigte Pumpleistung evaluiert und ein Dich- tungskonzept erarbeitet (siehe Bild 1 ). Wiederverwendbares und recyclingfähiges Design im Deep Tech Start-Up IonKraft Das Potenzial und die Innovationskraft der Plasmatechnologie für die Kreislaufwirtschaft zeigen sich in der Gründung des Deep Tech Start-ups IonKraft, das seine Wurzeln am Institut für Kunst- stoffverarbeitung hat. IonKraft führt wissenschaftliche Erkennt- nisse aus der Plasmaforschung in die industrielle Produktions- technik über. Aufbauend auf Forschungs- und Entwicklungsar- beiten am IKV in den 1980er Jahren, die inzwischen in Form der Innenbeschichtung von PET-Flaschen zu marktgängigen Produk- ten geführt haben, entwickelt IonKraft im Schwerpunkt eine An- lagentechnik zur Beschichtung großvolumiger Hohlkörper. Denn auch diese Verpackungen, die beispielsweise in der Agrartechnik häufig Anwendung finden, benötigen aus diversen Gründen Barriereeigenschaften, die bislang nur durch recyclinghinderli- 43 Extrusion 7/2022 che Multimaterialsysteme erreicht werden können. Dabei stellt die Skalierung des Prozesses auf größere Volumina durchaus neue Anforderungen an die Beschichtungsanlagentechnik, die durch konstruktive Neuerungen in der Vakuumtechnik und in der Mikrowellentechnik erlangt werden müssen. Weiterhin stel- len die mitunter aggressiven Agrargüter auch neue Anforde- rungen an die PECVD-Barriereschicht, die hierzu eine medien- spezifische Beständigkeit aufweisen muss (siehe Bild 2 ). Geför- dert wird das Geschäftsvorhaben durch das EXIST-Forschungs- transfer Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Verwendung von Post-Consumer-Polypropylen im Lebensmittelkontakt Die Wiederverwendung hochwertig recycelter Kunststoffe in Verpackungsanwendungen, die im Lebensmittelkontakt stehen, ist – abgesehen von PET – derzeit noch nicht etabliert. Ein we- sentlicher Grund liegt in den Zulassungsvorschriften der Euro- päischen Lebensmittelzulassungsstelle (EFSA), die hohe Anfor- derungen an die zulässige Migration von Fremdstoffen aus der Verpackung in das Lebensmittel stellt. Auch bei dieser Problem- stellung drängt sich die Plasmatechnologie als Problemlöserin auf: Die bekanntermaßen gute Barriere gegenüber Wasser- dampf, Sauerstoff und Kohlendioxid sollte auch den Rest-Fremd- stoffen aus Rezyklaten einen sehr guten Widerstand entgegen- stellen (siehe Bild 3 ). Die Entwicklung und Erprobung erfolgt dabei an marktgängigen Post Consumer Rezyklaten (PCR) aus den Dualen Systemen Deutschland (DSD). Im ersten Schritt wird mithilfe von Testsubstanzen die Kontamination der Rezyklate und deren Aufnahme durch Lebensmittel simuliert. In einem zweiten Schritt werden geeignete Schichtsysteme entwickelt, die möglicherweise auf die spezifischen Substanzen abgestimmt werden müssen. Diese Schichtsysteme werden in weiteren Tests auf ihre Eignung zur Migrationsreduktion erprobt. Unterstützt werden die Forschungsarbeiten durch die Partner Gizeh Ver- packungen GmbH & Co. KG und Der Grüne Punkt – Duales Sys- tem Deutschland GmbH. Die Universität Paderborn unterstützt zudem mit ihrer Analytikkompetenz. Der verfolgte Ansatz lässt sich sowohl auf steife als auch auf flexible Verpackungen an- wenden. Die beschriebenen Forschungsarbeiten bieten enormes Poten- zial, die Ziele der Europäischen Kommission zu erreichen, bis 2030 55 Prozent der Kunststoffabfälle zu recyceln und damit auch den Anteil an eingesetzten Rezyklaten in Kunststoffpro- dukten substantiell zu erhöhen. Bild 2: Recyclingfähige Barriereverpackungen für die chemische Industrie (Bild: IonKraft) Bild 3: Entwicklung von Migrationsbarrieren für die Ausrüstung von Post-Consumer-Rezyklaten ➠ Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen Seffenter Weg 201, 52074 Aachen, Deutschland Prof. Dr. rer. nat. Rainer Dahlmann, Rainer.dahlmann@ikv.rwth-aachen.de Chemisch resistente Plasma Nanoschicht Verpackungs- kunststoff Hochbarriere Recyclingfähig Geringe Kosten Produkt SIO x -Beschichtung o.ä. Aroma H 2 O Geruch CO 2 Additive et al.aus dem Kunststoff Geruchsstoffe Kontaminanten aus dem Recyclingprozess Umgebung O 2 , H 2 O Rezyklierter Kunststoff
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