Extrusion 7-2025
Umsetzung des Verfahrens auf industrielle Anlagen sucht das Fraunhofer IVV Partner. Hochreine Rezyklate für kreislauffähige Verpackun- gen – farblich ansprechend und schadstofffrei Mit dem lösemittelbasierten Recyclingverfahren können Unternehmen aus verschiedenen Branchen die ehrgeizi- gen Ziele der neuen EU-Verpackungsverordnung (PPWR) erreichen. Das Verfahren ist breit einsetzbar, es eignet sich sowohl für flexible als auch für formstabile Verpackungen. Unter Beachtung der Lebensmittelsicherheit erfüllt es die besonderen Anforderungen an die Reinigungseffizienz. Mit dem lösemittelbasierten Recyclingverfahren konnten so- wohl für leichtflüchtige als auch für bereits mittelflüchti-ge Kontaminanten eine Reinigungseffizienz von bis zu 99,8 Prozent erreicht werden. Das Verfahren ermöglicht das Kunststoffrecycling aus flexiblen Verpackungsabfällen und den Einsatz der Rezyklate bei der Herstellung neuer Ver- packungen für sensible Füllgüter. Die Integration der ge- wonnenen Rezyklate in flexible Monomaterial-Verpa- ckungen für Lebensmittel hat das Fraunhofer IVV bereits erfolgreich im technischen Maßstab umgesetzt und einen Rezyklatanteil in der entwickelten Verpackungsstruktur von bis zu 30 Prozent realisiert. Im sensiblen Personal & Health Care-Verpackungssektor konnten diese Rezyklate bis zu einem Anteil von 62 Prozent angewendet werden. Im all- gemeinen Non-Food-Bereich wurden auch bis zu 100 Pro- zent Rezyklatanteil erfolgreich eingesetzt. Post-Consumer-Rezyklat aus Altfahrzeugen für den Wiedereinsatz in Neufahrzeugen Die Sortierung der Kunststoffe aus Altfahrzeugen, die einen hohen Anteil an Verbundmaterialien und schwarzen Bauteilen enthalten, stellt bisher eine Herausforderung dar. “Beim Kunststoffrecycling haben wir einen echten Mei- lenstein erreicht und die Kunststoffsortierung aus Altfahr- zeugen erfolgreich pilotiert”, freut sich Dr. Mäurer. Die wertvollen Thermoplaste wie zum Beispiel PC/ABS werden aus Shredderrückstandsfraktionen über mechanische Ver- fahren und laserspektroskopische Sortierung auf circa 80 bis 90 Prozent angereichert und mit dem lösemittelbasier- ten Recyclingverfahren weiter aufgereinigt. Das Ergebnis ist ein hochreines Rezyklat, das anschließend zum Beispiel mit Neuware und Additiven zu einem PC/ABS mit hohem Anteil an Post-Consumer-Rezyklat (PCR) compoundiert wird. Es entspricht sogar den hohen Anforderungen für den Wiedereinsatz im Fahrzeuginterieur. “Wir versetzen damit Automobilhersteller in die Lage, die Vorgaben der europäischen Fahrzeugrichtlinie leichter zu erfüllen. Bis 2030 sollen demnach 25 Prozent des Kunststoffgewichts in neuen Fahrzeugen aus PCR-Kunststoffen bestehen, ein Viertel davon aus Altfahrzeugen”, erläutert Dr. Mäurer. Kunststoffe aus Verbundmaterialien und Thermoplasten – hochwertig und schadstofffrei zurückgewinnen “Die wertvollen Kunststoffressourcen holen wir mit un- serem lösemittelbasierten Recyclingverfahren auch aus ► Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV Giggenhauser Str. 35, 85354 Freising, Deutschland www.ivv.fraunhofer.de/ K 2025: Hallo 7.0, Stand 70SC05 Extrusion 7/2025 Verbundwerkstoffen oder mit Schadstoff belasteten Ma- terialien zurück, sodass sie dem Kreislauf wieder zugeführt werden können!, erklärt Dr. Mäurer. “Kunststoffe aus Elektroaltgeräten, die heute noch nicht recycelt werden können, da der Plastikanteil im Elektro- nikschrott viele verschiedene Kunststofftypen und zusätz- lich gefährliche Stoffe wie zum Beispiel Flammschutzmittel enthält, gewinnen wir schadstofffrei mit unserem Verfah- ren zurück”. Auch aus Bauabfällen stammendes ge- schäumtes Polystyrol, das mit dem Flammschutzmittel HBCD kontaminiert ist, lässt sich mit dem lösemittelba- sierten Recycling als flammschutzfreies Polystyrolrezyklat aufarbeiten. “Durch die effektive Auflösung der Zielpoly- mere und die anschließende Trennung der ungelösten und mitgelösten Komponenten ist dies möglich. Auf Kunst- stoffverbunde passen wir den Recyclingprozess zusätzlich spezifisch an”, ergänzt Dr. Andreas Mäurer. “Damit können wir Batteriegehäuse aus Fahrzeugen genauso wie be- schichtete und lackierte Textil- und Kunststoffmaterialien recyceln.” Matrixkunststoffe werden erfolgreich von Ver- bundkomponenten wie Kohlefasern, Glasfasern oder Me- talleinsätzen getrennt und gereinigte Recyclingpolymere gewonnen. “Auch PVC-Bodenbeläge recyceln wir und tren- nen die unerwünschten Weichmacher effektiv ab. Das zu- rückgewonnene PVC-Material entspricht den Anforderungen der EU-Gesetzgebung (REACH) und kann für die Produktion von neuen PVC-Böden verwendet wer- den”, führt Dr. Mäurer als weiteres Beispiel für die Reini- gungsleistung des Verfahrens an. Sonderschau der K 2025 “Plastics Shape the Future” mit Vortrag von Prof. Dr. Andrea Büttner Auf der Sonderschau “Plastics Shape the Future” hält Prof. Dr. Andrea Büttner, Leiterin des Fraunhofer IVV und Board of Management Member des Fraunhofer CCPE, am 11. Oktober 2025 um 13:45 Uhr am Stand von Plastics Europe in Halle 6/C40 den Vortrag. “Digitalization, mode- ling and AI: How much of it is needed in the material world?”. Die Digitalisierung wird oft als wichtiger Treiber für Innovationen im Wandel der Kunststoff- und Werkstoffin- dustrie hin zu einer nachhaltigen und kreislauforientierten Wertschöpfung angesehen. Ihre wahllose Anwendung kann jedoch zu Ineffizienzen, Datenüberflutung und er- höhtem Ressourcenverbrauch führen. Prof. Büttner setzt sich in ihrem Vortrag kritisch mit der Rolle von KI, Model- lierung und digitalen Infrastrukturen aus der Perspektive biologisch inspirierter Systemgestaltung auseinander und veranschaulicht deren gezielten Einsatz anhand prakti- scher Beispiele aus der Mensch-Maschine-Interaktion, der digital unterstützten Materialentwicklung und der Pro- zessoptimierung. 33
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