• die Bindungskräfte zwischen den Wasser- und den Kunst-
stoffmolekülen, sowie
• die Dampfdruckdifferenz zwischen dem Dampfdruck an der
Oberfläche des Kunststoffs und dem Partialdampfdruck von
Wasser in der Luft, auch als Konzentrationsgefälle
bezeichnet.
Bei den Bindungskräften zwischen den Wasser- und den Kunst-
stoffmolekülen, den so genannten Van-der-Waals-Kräften,
handelt es sich um materialspezifische, schwache Kräfte, die
von der Stärke der polaren Gruppen im Material abhängen. Mit
steigender Temperatur verringern sich die Kräfte zwischen den
Wasser- und den Kunststoffmolekülen. Ein Beispiel aus der Na-
tur für die Wirkungsweise der Van-der-Waals-Kräfte liefern
Geckos: Sie haben an den Füßen viele feine Härchen, die je-
weils nur wenig Kraft übertragen können. Aufgrund der Viel-
zahl an Härchen und der damit verbundenen Summe aller Kräf-
te ist es Geckos dennoch möglich, Decken und Wände entlang
zu laufen.
Eine weitere wichtige Rolle spielt die Dampfdruckdifferenz, das
so genannte Konzentrationsgefälle. Es wird bestimmt durch die
Differenz zwischen der Ausgangsfeuchte des zu trocknenden
Materials und dem Feuchtegehalt (Taupunkt) der Trockenluft.
Dahinter steckt das Bestreben von hygros-
kopischen Materialien, ein Feuchtegleichge-
wicht mit der sie umgebenden Luft herzu-
stellen. Dieses Feuchtegleichgewicht ist ab-
hängig von der Kunststoffart und -tempera-
tur sowie von den Klimadaten der Luft (rela-
tive Feuchte, Temperatur und Druck). Durch
Erwärmen der Luft oder eine tiefere Tau-
punkttemperatur entsteht eine Dampfdruck-
differenz (und damit ein Konzentrationsge-
fälle) mit der Folge, dass das Wasser vom
Granulat zur Luft diffundiert. Bei höheren
Temperaturen gibt das Granulat aufgrund
nachlassender Bindungskräfte das Wasser
leichter ab, während gleichzeitig die Luft das
Wasser wesentlich „begieriger“ aufnimmt.
Die Wasser-Affinität der Luft steigt.
52
Serie mit Tipps und Tricks
Extrusion 5/2016
Folge 22 – Mo erklärt die physikalischen Zusammenhän-
ge beim Trocknen.
Um Material zu trocknen, ist ihm die Feuchtigkeit zu entziehen.
Das klingt zunächst sehr platt. Vordergründig naheliegend ist
die Idee, eine möglichst hohe Trockentemperatur zu wählen,
um das Material schnell zu trocknen. Schließlich steigt mit hö-
herer Temperatur die Aufnahmefähigkeit der Luft für Wasser-
dampf. Dem sind allerdings durch das Material selbst Grenzen
gesetzt, denn schließlich darf der Kunststoff nicht geschädigt
werden. Folglich muss die Trockentemperatur beispielsweise
deutlich unter dem Schmelzpunkt bleiben. (Auf weitere Schädi-
gungsmöglichkeiten soll hier nicht näher eingegangen wer-
den.) Doch auch mit einer Temperatur unterhalb des Schmelz-
punktes in Verbindung mit einer längeren Trockendauer sind Ri-
siken verbunden, etwa die Übertrocknung des Materials.
Wie also das Wasser aus dem Granulat bekommen, ohne letz-
teres zu schädigen? In diesem Zusammenhang sind zwei
Aspekte von Bedeutung:
Wassergehalt in g/m³ bei verschiedenen Taupunkten
(Alle Bilder: motan-colortronic)
Wie funktioniert
nun "Trocknen"?